Mit Beschluss vom 13.07.2023, Az. 1 WRB 2.22, S 2 SL 2/22, hat sich das Bundesverwaltungsgericht dazu geäußert, wann eine „Behinderung“ einer von den Soldaten gewählten „Vertrauensperson“ bei der Ausübung ihres Ehrenamtes vorliegt.
Im zugrundeliegenden Fall wurde eine gewählte Vertrauensperson von den Vorgesetzten angewiesen, innerhalb einer bestimmten Zeit eine Schulung im Selbststudium sowie eine anschließende Erfolgskontrolle mit Fallbeispielen digital zu absolvieren. Nach § 20 SBG sollen neue Vertrauenspersonen für ihre Aufgabe zeitnah ausgebildet werden.
Die hier durch Befehl auferlegte Pflicht, die Erfolgskontrolle abzulegen, sah das BVerwG aber als „Behinderung“ i.S.v. § 15 SBG an. Dies übe unzulässigen psychischen Druck auf die Vertrauensperson aus und mache unnötige Zeitvorgaben, die sie von der übrigen Amtsausübung abhielten. Die Nichtbefolgung des Befehls berge zudem die Gefahr strafrechtlicher und disziplinarischer Konsequenzen. Dadurch könnten andere interessierte Soldaten von der Bereitschaft zur Übernahme dieses Ehrenamts abgehalten werden, was nicht im Sinne des Gesetzes sei. Für die Amtsausübung genüge die ordnungsgemäße Wahl. Der Schutzbereich des § 15 SBG sei weit zu verstehen, um die Unabhängigkeit der Vertrauensperson zu gewährleisten. Die Vertrauensperson konnte sich also erfolgreich nach § 17 SBG gegen diesen Befehl beschweren. Zunächst wurde ihre Beschwerde gegen die Verpflichtung außergerichtlich zurückgewiesen. Das Truppendienstgericht Süd sah im August 2022 durch die „Ausbildung“ keine „Behinderung bei der Ausübung“ der Amtsbefugnisse der Vertrauensperson, ließ aber die Rechtsbeschwerde zum BVerwG zu. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hat die Rechtsbeschwerde unterstützt. Auch eine Stellungnahme des Fachreferats des Bundesministeriums der Verteidigung von 2022 unterstützte die Sichtweise der Vertrauensperson.
Obwohl der ursprüngliche rechtswidrige Befehl schon durch die Urheber aufgehoben wurde, war das Anliegen der Vertrauensperson – sogar noch nach ihrem Ausscheiden aus der Bundeswehr – als Fortsetzungsfeststellungsantrag nach §§ 1, 15, 13, 19 WBO (Wehrbeschwerdeordnung) zulässig. Sie hatte Anspruch auf einen stattgebenden Beschwerdebescheid der Beschwerdestelle als Genugtuung/ Kompensation für eine fehlerhafte Behandlung. Die Kosten des Verfahrens hatte schließlich die Bundesrepublik Deutschland zu tragen.